<p>Der amerikanische Bandleader Ray Anderson hingegen ist ein Magier, wie er im Buche steht. Sein Zauberstab ist die Posaune.</p>
<p>Mit Meisterhand hebt er die Grenzen zwischen Magie und Wirklichkeit, Spirit und Physis,Tradition und Utopie auf. Er gehört zu jenen Mystikern wie vor ihm Louis Armstrong oder Lester Bowie, in deren Musik sich gleichermaßen Gravitation und Fliehkräfte, Werden und Vergehen, Ausdehnung und Kompression abbilden. Und doch geht es hier um nichts weniger als die Messbarkeit der Welt. Denn neben diesen physikalisch kalkulierbaren Größen wird die Magie des Posaunisten eben gerade von jenen unermesslichen Geistern geweckt, die wir ausschließlich im Reich der Metaphysik und ihrer ersten Ableitung, der Poesie verorten.</p>
<p>In Chicago aufgewachsen und von früher Jugend an vom ganzen Spektrum der<br /> Jazzgeschichte von New Orleans bis zu den Innovationen der AACM wie auch von Chicago Blues, Motown, R&B, Folksängern der Sixties und Rock Bands beeinflusst, ging Ray Anderson in den 1970er Jahren bei Anthony Braxton in die Lehre und erkannte nicht zuletzt in den Bands von Barry Altschul und Charlie Haden, dass Musik immer eine Komponente des Lebens sein muss. Bei den Slickaphonics verband er den Avantgarde-Sound von New York mit beißendem Funk, mit BassDrumBone zeigte er, dass sich formale Strenge und<br /> subtiler Humor nicht im Weg stehen müssen. Bis heute hat er sich einen Sound bewahrt, in dem sich der Kanon der Tradition am Puls der Straße bricht.<br /> Doch woher kommt sie nun, die Magie in der Musik der Pocket Brass Band? Niemand kann darüber besser Zeugnis ablegen als der Meister selbst.</p>
<p><em>„Du musst die Wahrheit erzählen. Das heißt, du musst spielen, was du gerade fühlst, nicht was du gern fühlen würdest, oder wovon du glaubst, es fühlen zu sollen. In jeder Situation bist du genau dort, wo du gerade bist und nirgendwo sonst. Wenn du nervös bist, musst du etwas Nervöses spielen, bist du frustriert, dann spiel etwas Frustriertes. Die Magie kommt daher, dass die Musik alles verändern wird. Bist du frustriert, wirst du nicht allzu lange frustriert sein. Es ist wie das Wetter, wie Wolken. Sie sind in ständiger Veränderung. Meine Mentoren haben mir immer ans Herz gelegt: Tell the story! Und so habe ich immer die Geschichte erzählt.“</em></p>
<p><br /> Ein anderes Moment, das die Magie der Pocket Brass Band ausmacht, ist der Blues. Er verleiht Anderson und seinen Kompagnons die Freiheit, auf direktestem Weg alles auszudrücken, was sie fühlen.</p>
<p>Die Pocket Brass Band ist eine Blaskapelle im Miniaturformat. Ihre Interaktion erinnert an den archaischen Zauber der Marching Bands in New Orleans, an okkulte<br /> Beschwörungsrituale und die vage Erinnerung an prähistorische Minstrel Shows. Für die Wollust, sich an jedem Ort der Welt auf die Herausforderungen des spontanen musikalischen Augenblicks einzulassen und zu akzeptieren, was immer passiert, gibt es keine Worte.</p>
<p><em>Die Konzertreihe NEW YORK JOURNEY der Jazzwerkstatt um Marie und Ulli Blobel ist eine zeichensetzende Konzertreihe, in der Parallelen, Unterschiede und wechselseitige Abhängigkeiten der New Yorker und Berliner Szene aufgezeigt werden. Die Konzerte sollen eine Einladung zum Austausch, zum Kennenlernen und zur Fertigung bereits bestehender Kontakte sein.</em></p>
<p><strong>Besetzung</strong></p>
<p>RAY ANDERSON trombone & vocals /JAMES ZOLLAR trumpet/ JOSÉ DAVILA sousaphone / TOMMY CAMPBELL drums</p>